Kooperative Planungsverfahren: gemeinschaftliches Planen

Blog  |  04.07.2017 |  Verena Traunmueller

Bei Kooperativen Planungsverfahren und Modellen der Bürgerbeteiligung bestimmen neben der Verwaltung, den Bauträgern und ExpertInnen vor allem auch die BürgerInnen bei der Gestaltung von neuen Stadtteilen, Vierteln oder Quartiersentwicklungen mit. Ein Trend, der dem gemeinschaftlichen Bauen mehr abverlangt als nur ein architektonisches Konzept und sich auch in andere Arten der Mitsprache und Mitgestaltung wiederfindet.


Gemeinsam Wohnen

Kooperative Planungsverfahren in der Quartiersentwicklung

Für den Stadtteil Ebelsberg (Linz) wurde im Juni 2017 der Masterplan für die Schaffung eines neuen, lebendigen und alltagstauglichen Stadtteils fertiggestellt. Für die Planung der Gestaltung der gesamt 333.000 m² großen Fläche brachten sich in dem Team neben ExpertInnen – Dr.in Daniela Palk der Syncare war als Expertin für Soziales im Team - BeraterInnen, städtischen VertreterInnen und PlanerInnen auch zwei ausgewählte VertreterInnen der BürgerInnen aus dem Stadtteil ein. [1] Es ist das erste Mal in Oberösterreich, dass eine Bürgerbeteiligung als Teil eines kooperativen Planungsverfahrens einbezogen wird. [2] Auch auf überregionalen Ebenen ist die Bürgerbeteiligung zunehmend ein Thema. So nutzte auch das BMLFUW diese Möglichkeit, um neue Zukunftsstrategien für den ländlichen Raum gemeinsam mit den BürgerInnen zu denken. [3]

Kooperative Planungsverfahren bergen das große Potential, diverse Sichtweisen von unterschiedlichsten Akteuren der Quartiersentwicklung bereits vor Bebauung in die Planung von Quartieren einzubringen. Die Bedürfnisse der späteren NutzerInnen werden so frühzeitig erkannt und können in das Quartiers- und Baukonzept einfließen und erhöhen so die Akzeptanz des Ergebnisses.

Areal Kaserne Ebelsberg

Baugruppen als Form der Partizipation

Die Art von Mitbestimmung in Planungsprozessen ist jedoch bei Weitem nicht neu. Während kooperative Planungsverfahren zumeist auf stadtplanerischer Ebene eingesetzt werden, sind Baugruppen eine Form der Mitbestimmung, die künftige, einzelne Wohnprojekte betreffen. Die zukünftigen MieterInnen oder EigentümerInnen planen dabei gemeinschaftlich ihr zukünftiges Wohngebäude und bringen ihre Ideen und Vorstellungen für den Wohnraum und die gemeinschaftlichen Einrichtungen ein. Nicht bei jeder Baugruppe erfolgt der Anstoß zur Selbst- bzw. Mitbestimmung durch die MieterInnen. In der Baugruppe LISA in der Seestadt Apsern waren es die Architekten selbst, die sich auf der Suche nach interessierten MitbestimmerInnen machten. [4]

Neben Baugruppen, die im genossenschaftlichen Wohnbau integriert sind, gibt es auch selbstverwaltete Bauprojekte, bei welchen die GestalerInnen über den maximalen Planungsfreiraum verfügen. Die Sargfabrik in Wien ist das größte selbstverwaltete Bauprojekt in Österreich und setzte Maßstäbe im Bereich des Planens und Bauens im Kollektiv. Sie startete 1987 als Initiative für leistbares Wohnen und es bedurfte vieler Jahre an Diskussionen über Bedürfnisse, Nutzungen und Funktionen innerhalb des Vereins, was einerseits zu Auseinandersetzungen und andererseits jedoch auch zu einer Fülle an Ideen und Aspekten führt. [5] Bis heute dominiert die Sargfabrik als maßgebliches selbstverwaltetes Bauprojekt den 14. Wiener Gemeindebezirk.



Weitere Möglichkeiten für aktive Partizipation der Mieterinnen

Bauträger sehen oft nicht die Notwendigkeit von kooperativen Planungsverfahren, Bürgerbeteiligungsprozessen oder Baugruppen, da der Wohnungsmarkt für MieterInnen in Österreich auch ohne partizipative Gestaltungsmöglichkeit heiß umkämpft ist. [4]

Auch wenn Bürgerbeteiligung und kooperative Planungsverfahren durchaus Vorteile bringen, muss nicht bereits im Vorfeld jeglicher Aspekt der späteren NutzerInnen bis ins kleinste Detail geplant werden. Wichtig ist, den Bauprojekten Gestaltungsmöglichkeiten und Flexibilität für unterschiedliche Nutzungskonzepte zu bieten. Auf diesen Aspekt legt die Sycnare als Berater in Bauprojekten und sozialen Wohnkonzepten besonders wert. Die Gestaltungsmöglichkeiten von Gemeinschaftsflächen und Freiflächen werden im Zuge von Wohnkoordinationen oder Besiedelungsmanagementprozessen im Nachhinein gemeinsam mit und nach den Vorstellungen von den BewohnerInnen bespielt und genutzt. Die Koordination der MieterInnen erfolgt durch die Wohnkoordination welche als Intermediär fungiert und die Partizipation für MieterInnen auch ohne aufwendige Baugruppen oder teure kooperative Planungsverfahren möglich macht.


Quellen:


[1] https://www.linz.at/presse/201...

[2] WAG Magazin, März 2017

[3] https://www.bmlfuw.gv.at/land/...

[4] http://derstandard.at/20000559...

[5] http://derstandard.at/20000562...